Wer in diesem Sommer von seinem Grundstück am Müggelsee aus bei schönem Wetter spontan einen erfrischenden Gang ins kühle Nass machen wollte, musste sich überwinden. Grüne Ranken ziehen sich seit Beginn der wärmeren Jahreszeit durch's Wasser. Am Ufer stauen sie sich regelrecht zu Grasflächen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Thematik ist Ursache und Wirkung für den Müggelsee als Ökosystem. Dr. Sabine Hilt vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) schrieb aktuell zum Thema:
"...(...)...Seit einigen Jahren wird das Wasser auch im Sommer deutlich klarer, lässt mehr Licht in die (nicht allzu tiefen) Tiefen des Sees und begünstigt damit auch das Wachstum der Unterwasserpflanzen. Mehr Pflanzen wiederum führen zu klarerem Wasser, klareres Wasser zu mehr Pflanzen – eine positive Rückkopplung, die insbesondere in flachen Seen typisch ist. Die Ursachen für das ungetrübte Wasser des Müggelsees werden derzeit intensiv erforscht. Denn ob allein die Pflanzen hierfür verantwortlich sind, ist noch zu klären. Eines können die WissenschaftlerInnen aber bereits sagen: Die kitzelnden Wasserpflanzen halten das Wasser klar. Unterwasserpflanzen halten das Seewasser klar, verhindern das Wachstum teils giftiger Cyanobakterien – im Volksmund als Blaualgen bekannt – und sind Kinderstube, Rückzugsort und Speisekammer für Fische, Wasservögel und Insekten. Für den See stellt der vermehrte Pflanzenwuchs eine positive Entwicklung dar. Das Mähen der Wasserpflanzen ist aus ökologischer Sicht deshalb nicht zu empfehlen. An das Kitzeln beim Schwimmen im Müggelsee werden wir uns vielleicht gewöhnen müssen."
Prof. Dr. Rita Adrian, Leiterin der Abteilung Ökosystemforschung am IGB, hatte in einem Interview vor kurzem auch über die globalen Zusammenhänge gesprochen:
"Durch steigende Lufttemperaturen erhöhen sich auch die Wassertemperaturen. Im globalen Mittel betrug der Temperaturanstieg des Oberflächenwassers von Seen seit 1985 im Sommer 0,32°C pro Dekade. Der Erwärmungstrend des Berliner Müggelsees, einem flachen See, betrug seit 1976 sogar 0,54°C pro Dekade. Damit haben wir die im Pariser Klimaabkommen 2015 beschlossene Obergrenze in Seen bereits überschritten...(...)...Die thermische Struktur verändert sich. Wir konnten beobachten, dass die Dauer der thermischen Schichtung von Seen im Sommer zugenommen hat. Eine Verlängerung in der thermischen Schichtungsdauer führt in produktiven Seen wie z.B. dem Berliner Müggelsee zu einer Zunahme sauerstofffreier Bedingungen im Tiefenwasser, und nachfolgend zu einer Freisetzung von zuvor im Sediment gebundenen Nährstoffen wie dem Phosphor. Diese klimainduzierte interne Düngung von Seen befördert die Eutrophierung von Seen und somit die Entwicklung von Cyanophyceenblüten. Cyanophyceen sind optimal angepasst an hohe Temperaturen, stabile thermische Schichtung und hohe Nährstoffkonzentration – alle drei Variablen verändern sich mit dem Klimawandel zum Vorteil dieser Kleinstlebewesen."
Es scheint aktuell nur schwer vorstellbar, dass sich die Tendenz der weiter steigenden Temperaturen des Sees umkehren könnte.
Einige Anwohner überlegen nun ihrerseits, für die sie unmittelbar betreffenden Uferbereiche eine Fachfirma für "Unterwassermähen" zu beauftragen. Nachfragen bei Firmen ergaben, dass diese nur tätig werden können, wenn eine Genehmigung durch die zuständige Landesbehörde vorläge.
Andererseits ist der "grüne See" Ausdruck einer positiven Entwicklung unseres lokalen Naturraums, über den man sich, objektiv betrachtet, freuen darf.
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