06.06.2018


Atelierbesuche - Peter Rensch


Unikate der Druckkunst bietet Andante Handpresse in Berlin-Friedrichshagen

Wir trafen in der Reihe Atelierbesuche:

Peter Rensch - Andante Handpresse, Jahrgang 1956, geboren in Berlin

Werdegang in Kurzform:
- aufgewachsen in Berlin (Ost)
- von 1974 – 1976 Schriftsetzerlehre
- 1972 Zeichenkurse im Werkstudio Grafik Berlin
- von 1978 – 1981 Typografiestudium in Berlin
- 1987 Ausreise nach Westberlin und Arbeiten für Handpresse Gutsch
- seit 1988 erste eigene Bücher als Handpressendrucke
- 1990 Gründung der ANDANTE Handpresse in Berlin-Schöneberg
- seit 2005 Dozent an der renommierten Ostkreuz-Schule für Fotografie
- seit 2007 Werkstattgalerie in Berlin-Friedrichshagen am Müggelseedamm

Am 9. und 10. Juni 2018 finden wieder die Offenen Ateliers 2018 in Friedrichshagen statt. Im Vorfeld hatten wir Gelegenheit, einen der Organisatoren in seinem Atelier zu besuchen.

Wir sind 5 Minuten zu früh, es regnet etwas und ist ziemlich windig. Daher klopfen wir schon mal vorsichtig an. Peter Rensch ist gerade noch mit einem Druckvorgang beschäftigt. Der Blick des Besuchers entdeckt eine Fülle an Objekten, die hier auf relativ engem Raum miteinander korrespondieren. Maschinen, die man als Laie eher in einer Werkhalle am früheren Industriestandort Oberschöneweide vermutet hätte. Zumindest weckt es bei mir spontane Erinnerungen an den PA-Unterricht. Alle Sinne werden angesprochen. Die Maschine, eine Andruckpresse FAG Control 405, die offensichtlich der Generation von Technik angehört, die bei guter Pflege "ewig" hält, arbeitet mit metallisch rollendem Geräusch und unser Gastgeber legt gerade die letzten Bögen ein.

Guten Tag Herr Rensch...lassen Sie sich nicht stören...

"Guten Tag! Ja Danke ich bin gleich soweit. Die Maschine und ich sind übrigens aus demselben Jahrgang..."

...wie kamen Sie zu der Maschine?

"Ich habe 1987 nahe Schlesisches Tor gearbeitet. Vierter Stock. Ich war damals nach Westberlin übergesiedelt...als sich im Lauf der Zeit die Geschäftstätigkeit des Inhabers in eine andere Richtung entwickelte, bekam ich die Chance, die Werkstatt zu übernehmen, die ich sofort ergriff. In der Zeit danach sind Mensch und Maschine mehrmals umgezogen. Von Schöneberg nach Kreuzberg und 2002 dann zunächst privat nach Friedrichshagen. Später, so um 2007, zog dann auch die Werkstatt hinterher.

Wie entstand die Liebe zum Druck, der Kunstform, die Sie heute noch ausüben?

Ich bin leidenschaftlicher Buchdrucker, habe meine Lehre beim Berliner Verlag in den siebziger Jahren gemacht. Dabei durfte ich auch am Entstehen der "Berliner Zeitung" mitwirken und damals wirklich noch im Buchdruck.

Wie kam es zur Entstehung von Andante Handpresse?

Gegründet habe ich die Werkstatt unter dem heute noch aktuellen Namen 1990 mit meiner damaligen Frau. Ein Jahr später war ich mit meinen Büchern und Grafiken auf Messen in Mainz und Frankfurt am Main.

Was produzieren Sie hier, wenn man es mal so bezeichnen darf?

Das Meiste, das ich heute an Büchern und Grafiken entwerfe oder herstelle, ist eher etwas für Messen und Ausstellungen. Die relativ niedrigen Auflagen eignen sich für den normalen Buchhandel nicht. Auch die Preise sind entsprechend. Etwas für Sammler. Aufträge inklusive Beratung nehme ich gern an, trete jedoch normal nicht als Verleger auf. Einzige Ausnahme ist die Heft-Reihe "Kapitälchen"...
...und seit mittlerweile 26 Jahren bin ich mit einem eigenen Stand bei der Frankfurter Buchmesse, der größten ihrer Art in Europa, vertreten. Dort präsentiere ich meine Werke sehr gern und freue mich über einen Stamm von Interessenten und Kunden. Jedes Jahr im Oktober ist das für mich einer der wichtigsten und werthaltigsten Termine des Jahres.

Wenn man Ihre Werkstatt betrachtet, erscheint es wie eine Zeitreise durch Jahrzehnte und eine bewusste Verbeugung vor handwerklicher Tradition. Worauf schauen Sie persönlich besonders gern zurück?

Geprägt haben mich natürlich die Zeiten beim Berliner Verlag. Nach der Übersiedlung 1987 lag meine kreative Heimat in Kreuzberg, neben dem berüchtigten SO36, eine Etage tiefer eine türkische Moschee. In einer Werkstatt mit Glasbausteinen statt Fensterscheiben. Wenn die Leute mit dem Bier in der Hand früh um 9:00 Uhr aus dem SO36 kamen, fing mein Arbeitstag an. Das war ein bedeutender Kontrast zu dem, was ich bis dahin kannte und was ich dann hier in Friedrichshagen weiterentwickeln konnte...
...Friedrichshagen kannte ich seit 40 Jahren. Auch privat veränderte sich das Leben durch eine neue Liebe. So ergab sich in gewisser Weise ein Neustart mit Präsentationen oder Veranstaltungen wie den "Smoking Art"-Abenden. Diese Veranstaltungen sind ja sehr speziell und brauchen viel Zeit zur Vorbereitung. Dazu kommt der wachsende Kunst-Advent, der vor ca. 7 Jahren mit 3-4 Künstlern begann. Im letzten Jahr waren es schon 20 Teilnehmer. Wir überlegen, für diese Veranstaltung Fördergelder zu beantragen, denn sowohl der materielle als auch der immaterielle Aufwand erreicht einen Bereich, der für mich fast schon zu groß geworden ist (Anm. d. Red.: Inzwischen wurden erfolgreich Kiezkassengelder zur Unterstützung beantragt und bewilligt).

Vielen Dank für das Gespräch Herr Rensch!


 

Das Gespräch führten Renate Patzwaldt und Stefan Mensah

Bilder: Renate Patzwaldt

Mehr Eindrücke vom Atelierbesuch finden Sie HIER

__________________________________________________________________________________________