Friedrichshagen um 1775

Friedrichshagen wird Weltstadt!


"Natureinsamkeit bei brausender Weltstadt" diese Feststellung, die der hier lebende Schriftsteller Julius Hart um 1900 äußerte, ist auch heute immer noch zutreffend: Friedrichshagen ist seit 1920 ein Teil Berlins, heute im Stadtbezirk Treptow-Köpenick, mit seinen kleinen ehemaligen Kolonistenhäusern, prächtigen Villen, dem "Wald um die Ecke" und dem am Ende der Hauptstrasse angrenzenden Ufer des Müggelsees, doch immer noch ganz "âhnlich".

Da, wo Anfang des 18. Jahrhunderts am Rande tiefer Wälder eine Ziegelscheune stand, wurde 1753 durch Order König Friedrichs II. ein Kolonistendorf gegründet, gedacht für "ausländische" Handwerker aus Böhmen, Sachsen, Hessen, Thüringen, Bayern oder Württemberg, die vorrangig Baumwolle spinnen und Seidenraupen züchten sollten.

 

Doch schon 1802 wurde das letzte Baumwollgarn in Köpenick abgeliefert. Die Handspinnerei war nicht mehr zeitgemäß.


Fortan arbeiteten die Männer in der Umgebung und in Berlin, die Frauen und Kinder banden aus Reisig Besen, weshalb die Friedrichshagener damals als "Besenbinder" verspottet wurden.

Der wirtschaftliche Aufschwung kam, als 1849 die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn einen Haltepunkt am Ortsausgang einrichtete. Friedrichshagen wurde Kurort und erhielt einen Kurpark.

1893 entstanden die Berliner Wasserwerke am Müggelsee. 1899 wurde im Ort das Rathaus und 1903 die Christophoruskirche errichtet.

Prunkvolle Villen, mehrgeschossige Wohnhäuser, ein Kaufhaus und Restaurants mit großen Säulen, ein Naturtheater entstanden. Aber auch einige Betriebe konnten sich hier niederlassen: 1869 die Brauerei, Bootswerften, eine Handschuh- sowie eine Zigarettenfabrik und seit 1888 die Weltruf genießenden Gladenbeckschen Bronzegießereien.

1890 zogen die Publizisten und Schriftsteller Wilhelm Bölsche und Bruno Wille nach Friedrichshagen, die Theaterkritiker Julius und Heinrich Hart folgten, wie auch andere Intellektuelle, die für einige Jahre hier den Friedrichshagener Dichterkreis bildeten, einen literarischen Verein, der weit über die Grenzen des Ortes bekannt war.

Eine weitere Attraktion des Ortes wurde der 1927 eingeweihte Spreetunnel, eine Unterführung, die es erlaubt, trockenen Fußes die Spree zu unterqueren, um vom anderen Ufer aus in die wald- und wasserreiche Gegend zu gelangen.

Friedrichshagen bleibt nach wie vor ein Ort hinter Berlins Mitte, aber trotzdem mitten in der Weltstadt!

-kbr-

 

(Die Grafik von Andreas Mäcke zeigt das Dorf Friedrichshagen um 1775.)

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