Zeit-Fenster Nummer 6: Der Obelisk in Hirschgarten


 Ein Höhepunkt im gesellschaftlichen Leben der Villenkolonie Hirschgarten war der 25. Jahrestag ihres Bestehens, 1895.

Zu Ehren des Gründers Friedrich Wilhelm Albert Hirte wurde „Am Stern“ – heute „Hirteplatz“, ein Obelisk eingeweiht, der die Inschrift trägt:

Zur Erinnerung des 25jährigen Bestehens der Kolonie

HIRSCHGARTEN

Gegründet im Juni 1870 von ALBERT HIRTE

1895.

 

Über diesen Obelisk, der nach Entwürfen des Königlichen Regierungsbaumeisters Otto Stahn errichtet wurde (Stahn, 1859 – 1930, war u.a. auch der Erbauer der Moltkebrücke, der Oberbaumbrücke und des Rathauses Wannsee) konnte man im Hirschgartener Lokal-Anzeiger folgendes lesen:

„...unter den Klängen des von allen Anwesenden mitgesungenen Festliedes sah man die Hüllen langsam fallen. In diesem Augenblick theilten sich die Wolken und die bis dahin verhüllte Sonne warf den üblichen Strahl auf das Meisterwerk des Königlichen Regierungsbaumeister Stahn, einen 12 Meter hohen Obelisken aus rothem Mainsandstein, von dessen Spitze eine Sonne in lauterem Wettbewerb mit der Sonne am Himmel auf Hirschgarten niederscheint.“

Das Festlied kreierte der 1893 gegründete „Verschönerungsverein“, der die gärtnerische Gestaltung des Sternplatzes übernommen hatte:

„Es rauscht vom fernen Dämmeritz

vom blauen Müggelsee

An unserem schönen Sommersitz

Vorbei die gute Spree.

Hirschgarten ist der Ort genannt,

Wo schmucke Villen steh’n;

Dich grüßen wir mit Herz und Hand,

Wir all’ aus Spreeathen.“

 

Der Sternplatz, 1920 zum Hirteplatz umbenannt, war bis zum 2. Weltkrieg Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens der Kolonie.

Nach den Wirren des Krieges mussten die Hirschgartener feststellen, dass die Schmuckspitze des Obelisken fehlte. Es wird vermutet, dass sie, wie die metallischen Elemente zahlreicher anderer Denkmäler, zu Kriegszwecken eingeschmolzen wurde. Der Stein, der seit 1895 nicht mehr saniert worden war, bröckelte vor sich hin.

Zu DDR-Zeiten wurde der Hirteplatz nicht gerade bevorzugt gepflegt und erhalten. Obwohl in seiner Gesamtanlage in die Denkmalliste aufgenommen, verunstaltete man das Rondell mit 6 Verkehrsschildern, die den Kreisverkehr regeln sollten.

Nach und nach wuchs der Obelisk zu, so daß nur noch mit Mühe die Inschrift gelesen werden konnte.

Dennoch gab es, anlässlich des 100jährigen Bestehens, 1970 eine Ausstellung.

 

Nach der Wiedervereinigung entwickelte sich eine intensivere Beziehung der Hirschgartener Bewohner zu ihrem Kietz.

Der Friedrichshagener Ortschronist Rolf Kießhauer übernahm 1995, anlässlich des 125jährigen Bestehens der Villenkolonie, eine erste Führung durch das Quartier.

Eine Ausstellung wurde von Hirschgartenern organisiert.


Im Jahre 2001, als die Wohnungsbaugenossenschaft „Berliner Bär“ e.G. ihre Häuser sanierte und zwei Giebel mit Motiven aus „Alt-Hirschgarten“ (Porträt Albert Hirtes und seinem Landhaus) gestaltete, kam die Idee, den verwahrlosten Obelisken ebenfalls zu sanieren.

In nur 3 Monaten wurden die Zuständigkeiten geklärt, Spendengelder gesammelt, die Schmuckspitze neu hergestellt und der „Obelisk“ aufgearbeitet.

Das Landesdenkmalamt und die Untere Denkmalschutzbehörde Treptow-Köpenick unterstützten diese Vorhaben vorbildlich.

Anhand von alten Postkarten entstand die Nachbildung der Spitze durch den Kunstschmied Hans-Joachim Kunsch.

Für die Anfertigung und Montage der Schmuckspitze sowie für die Schrifterneuerung, die vom Steinmetz Norbert Lahr durchgeführt wurde, mussten 12.500,-DM aufgebracht werden.



Diese Summe konnte komplett aus Spendengeldern, die von Bürgern, Nachfahren von Albert Hirte und einigen Institutionen gespendet wurden, bereitgestellt werden.

In der letzten Zeit konnten aus Sachmitteln des BA Treptow-Köpenick noch 8 Linden (Tilla cordata Greenspire) gepflanzt werden. Die ursprüngliche Gestaltung von 1895 diente dabei als Vorbild.


Mit der im Jahre 2005 abgeschlossenen Bebauung des ehemaligen Grundstückes der Familie Vogel (C.J. Vogel Draht- und Kabelwerk AG) ist der Hirte Platz nun wieder zu einer geschlossenen Einheit gewachsen.




 

 

 

Durch die Initiative von Herrn Dr. Schwartz, einem Urenkel von Albert Hirte, konnten im Frühjahr 2007 vier alte Leuchten aus DDR- Zeiten durch 4 Schinkelleuchten ausgetauscht werden.

Hirschgarten ist noch schöner geworden!

 

Monika Hemmer (Text und Foto) 

(Die Autorin ist Fotografin und Initiatorin der Sanierung des Obelisken)