Zeit-Fenster Nummer 4: Über die Kolonisten Friedrichshagens
Friedrich II. beauftragte um 1750 Johann Friedrich Pfeiffer, den Etablissementskommissar der kurmärkischen Kammer, an geeigneten Plätzen in der Umgebung Berlins besondere Spinnerdörfer neu zu gründen.
Der König wünschte sich bevorzugt Ansiedler aus Böhmen, oder wenigstens aus nichtpreußischen Landen, um einen echten Bevölkerungszuwachs zu erreichen.
Pfeiffer machte in dieser Zeit unermüdlich Ansetzungsgebiete ausfindig und richtete nicht weniger als 105 Siedlungen mit 1763 Familien ein. Dazu gehörte auch Friedrichshagen am Ausfluß der Spree aus dem Müggelsee.
Gemäß Erbverschreibung vom 20. Mai 1753 erhielten die Kolonisten ihre Grundstücke mit einer Doppelhaushälfte „erb- und eigentümlich“ geschenkt und damit zu einem der besten der damals denkbaren Besitzrechte.
Außerdem waren sie von allen Zinszahlungen und Abgaben befreit, besaßen Religionsfreiheit und brauchten keinen Militärdienst zu leisten.
Die Ansiedler sollten möglichst Feinwollspinner sein. Den Männern war jedoch freigestellt, ihren erlernten Berufen nachzugehen oder als Tagelöhner zu arbeiten, sofern wenigstens die Frauen spinnen konnten.
Friedrichshagens Bevölkerung, ihrem Besitzstande nach Büdner und keine Bauern, hatte von Anbeginn einen schweren Existenzkampf zu führen.
Das Spinnen besorgten in der Hauptsache die Frauen und Kinder, während die Männer ihren Berufen nachgingen. Viele Kolonisten hatten sich ihre Lage zu rosig vorgestellt und verließen den Ort bald wieder, so daß anfangs eine große Fluktuation entstand.
Erst mit den Jahren bildete sich eine Stammbevölkerung heraus.
Bezogen auf die ersten 50 Jahre kamen ursprünglich aus:
- Böhmen etwa 30 % der Kolonistenfamilien
- Sachsen etwa 16 % der Kolonistenfamilien
- Südwestdeutschland etwa 12 % der Kolonistenfamilien
- dem übrigen Deutschland etwa 42 % der Kolonistenfamilien.
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Mit der Gründung Friedrichshagens ergab sich auch die Notwendigkeit der kirchlichen und schulischen Betreuung der Kolonisten.
Dabei traten viele Probleme und Schwierigkeiten auf.
Viele Böhmen hatten um ihres Glaubens willen ihre Heimat verlassen und sprachen kein Wort deutsch.
1764 wurde festgelegt, daß die Bewohner lutherischen Glaubens in die St. Laurentius-Stadtkirche zu Köpenick eingepfarrt werden und für die reformierten Böhmen die dortige Schloßkirche zuständig sei.
Friedrichshagen hatte 1755 erst 221 Einwohner und alle Häuser waren noch lange nicht vergeben. 1775 waren dann alle fertiggestellt und besetzt.
Die Einwohnerzahl stieg auf fast 400.
Um 1800 waren es etwa 500 Einwohner.
In diesen ersten 50 Jahren tauchen etwa 200 Familiennamen auf.
Die bekanntesten und teilweise heute noch vorhandenen sind:
Berenstecher, Blankenburg, Kampe, Karlitscheck, Dräger, Geisenhofer, Hargesheimer, Hoffmann, Krüger, Kurfiß, Lavatscheck, Lehmann, Lerche, Magdeburg, Manzel, Maus, Mehl, Müller, Otto, Petraneck, Ramm, Robischeck, Rose, Schrammer, Schultze, Seidler, Steuer, Trutty, Walker und Zachow.
Einige böhmische Namen waren schon bald ins Deutsche übertragen worden: aus Rusche und Ruschitschka wurde Rose, aus Skriwanek Lerche, aus Niemetz Deutsch, aus Prochaska Spatzier, aus Hlina Lehmann, aus Tscherny Schwartz.
1800 gab es bereits sechs Familien mit dem Namen Lerche und jeweils dreimal Magdeburg, Lavatscheck und Rose.
1852, als Friedrichshagen etwas über 1200 Einwohner zählte, waren es schon 12 Familien Lerche mit 54 Personen und 10 Familien Magdeburg mit 55 Personen, dann kam erst der „alte deutsche Adel“: Schultze, Lehmann, Krause und Hoffmann.
Bekannte Friedrichshagener Namen folgten mit: Roloß (sieben Familien), Robitscheck und Trutty (je sechs Familien), Rose (fünf Familien) sowie Kurfiß (vier Familien).
1852 gab es über 100 Lerche-Nachkommen im Ort, das sind mehr als 8 % der Bewohner!
- Aribert Giesche -
(Der Autor geht im Friedrichshagener Heft Nr. 24 noch ausführlicher auf Friedrichshagener Familiengeschichte und Bevölkerungsentwicklung ein.)