01.02.2010


Wird es nun nicht mehr geben

Zum Aus von Berliner Bürgerbräu Friedrichshagen

Bürgerbräu aus dem Sportflugzeug -ltr-

Frisch gezapft vom Fass, großzügig gesponsert zu den ortsüblichen Feierlichkeiten. Ein letztes Mal auch zum Neuerjahrsempfang des Friedrichshagener Schirms am 17. Januar. Freibier von Berliner Bürgerbräu aus Friedrichshagen wird es nun nicht mehr geben.

Die Friedrichshagener mochten das Bier ihres örtlichen Familienunternehmens. In vielen Haushalten kamen Premium Pils, Dunkler Bock oder Maibock auf den Tisch; Rotkehlchen und Bernauer Weiße mit Schuss waren etwas für diejenigen, die es etwas lieblicher mochten. Berliner Bürgerbräu wurde im KaDeWe und weltweit verkauft, auch im Londoner Kaufhaus Harrod’s. Berliner Bürgerbräu war eine feste Burg.

Um so größer der Schock dann, als öffentlich wurde, dass Berliner Bürgerbräu seine Produktion einstellt. Dabei war der Biermarkt schon immer hart umkämpft.

Gestiegene Preise für Malz und Öl, die Umstellung auf neue Flaschengrößen und geringere Füllmengen waren Gründe, als Produzent aufzugeben und Markenrechte und Rezepte an die Radeberger Gruppe, einem privat geführten Unternehmen der Familie Oetker, zu verkaufen. Tina Häring, Geschäftsführerin der Friedrichshagener Brauerei, kam zum Neujahrsempfang und war von Fragenden dicht umlagert. “Jedes Jahr eine neue Überraschung”, erklärte sie die dramatische Situation ihrer Firma. Wie es weitergeht? “Wir werden in geringerer Menge ein neues Spezialbier, ein Bio-Bier, brauen, Köpenicker Bürgerbräu.”

In Familienbesitz bleiben die Immobilie und das denkmalgeschützte Gebäude. Die Produktionshalle wird verkleinert; vorgesehen ist, auf dem Gelände, Geschäfte anzusiedeln, eventuell Wohnraum zu schaffen. Einzelheiten können im Moment noch nicht genannt werden. Erste Verhandlungen finden aber statt, außerdem werden Interessenten gesucht. “Letztendlich werden am Standort mehr Arbeitsplätze geschaffen.”  Die Mitarbeiter von Bürgerbräu rettet das vorerst nicht. Ende Februar ist für sie Schluss.

Im Besitz der Firma bleiben ebenfalls die beiden Gaststätten Weiße Villa und das Bräustübl. Letzteres erhält gerade eine Auffrischung und wird renoviert.

Die erste Brauerei in Friedrichshagen gründete 1869 der letzte Dorfschulze, Hermann Schäfer, ehemals Kaufmann aus Weimar, zusammen mit seinem Bruder, einem gelernten Bierbrauer, am Müggelgemünd  auf dem Gelände des Schulzengutes.... Bereits am 1.Februar 1870 - also genau vor 140 Jahren - wurde das erste Bier des sich "Lindenbrauerei" nennenden Etablissements an die Gaststätten der Umgebung ausgeliefert.

Darüber und über die wechselvolle Geschichte der Brauerei informiert das Friedrichshagener Heft 54. Die hohe Schule der Braukunst über die Jahrzehnte hinweg dokumentiert aber auch das Brauereimuseum, das weiterhin geöffnet ist.
 
Ein Trost für viele, auch für den Initiator unseres Friedrichshagener Internetportals, Lutz Treutler, dessen Großvater, Alfred Treutler, von 1926 bis 1936 als Braumeister bei Berliner Bürgerbräu tätig war. Es kann doch nicht alles umsonst gewesen sein.

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