Wie schnell wird aus einer prickelnden Gegenwart mit großen Erwartungen ein zurückliegendes Gestern. Es gibt Situationen, an denen man es besonders spürt. Gestern war so eine.
Gerade zeigt das Fernsehen die euphorische Begrüßung unserer Nationalelf von Zehntausenden auf der Fanmeile.
Die Trauer über die Niederlage wich einem gefühlten Sieg.
Gestern war noch alles offen. Das Kino Union hatte zum kostenlosen Public Viewing eingeladen.
Der Techniker bekam den Auftrag eine funktionierende Übertragungsstrecke herzustellen. Bei dem relativ schlechten DVB – T – Empfang in unserer Gegend eine nicht gerade leichte Aufgabe.
Ein Zusammenbruch der Übertragungsstrecke während des Spiels – eine Horrorvorstellung.
Ab 20 Uhr war geöffnet und alle, alle kamen. Das Publikum war sehr gemischt. Zwar überwog die Jugend – die Jungen mit der Bierflasche versorgt und mit einer Cola die Mädchen -, doch gab es auch ältere Fußballfans. Viel Farbenspiel von Schwarz und Rot und Gold war zu beobachten. Trikolor auf dem Kopf, in den Haaren, auf der Haut und um die Hüfte geschlungen.
Zusätzliche Klappstühle wurden geschleppt. Bei Spielanpfiff gab es kein freies Fleckchen mehr vor der Leinwand. Die Stimmung war auf dem Höhepunkt – Siegeseuphorie vorweggenommen.
Bei der Nationalhymne im Stadion, war es nicht nur der Michael Ballack - Zwilling mit der T – Shirt Nummer 13, der aufstand und ergriffen mitsang, mit erstaunlicher Textsicherheit.
Es war ein wunderbares Gemeinschaftsgefühl, getragen von der Vision: Wir werden Europameister.
Bis zur 33. Minute – der Rest ist bekannt.
Jetzt folgt die fußballlose Zeit. Doch ein Trost sei noch nachgereicht: „Nach der EM ist vor der WM".
Da sehen wir uns wieder - im Kino Union.
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