09.08.2018


Der Müggelsee aus polymiktischer Sicht


Gesundes Wachstum mit Nebenwirkungen

Blick auf den Müggelsee vom Müggelpark aus

Blick in Richtung Einmündung der Müggelspreee in den Müggelsee

Pflanzenwachstum unter wissenschaftlicher Beobachtung im IGB

Die Fakten:

Der Müggelsee hat eine Fläche von 7,3 km² und ein Wasservolumen von 36 Millionen m³. Das entspricht etwa 240 Millionen Badewannen mit je 150 Liter Wasser. Die maximale Tiefe an einigen Stellen beträgt 8 m. Die durchschnittliche Tiefe liegt bei 4,9 m. Die Temperatur des Oberflächenwassers beträgt im Sommer etwa 22 bis 8 °C. Die Temperatur des Tiefenwassers beträgt im Sommer etwa 4 °C.

Was bedeutet polymiktisch konkret?

Polymiktisch beschreibt die Art und Weise der jährlichen Wasserzirkulation zwischen dem Oberflächen- und dem Tiefenwasser eines Sees.
Poly = griechisch für viel.
Miktisch = griechisch für gemischt.

Das Wasser im Müggelsee zirkuliert mehrfach im Jahr. Dabei werden das warme Oberflächenwasser und das kältere Tiefenwasser miteinander vermischt. Nährstoffe aus den Tiefen des Sees werden an die Oberfläche transportiert und der Sauerstoff, angereichert an der Oberfläche des Sees, wird in die Tiefe transportiert. Dies begünstigt ein gesundes Wachstum von Wasserpflanzen und Algen (Phytoplankton = pflanzliches Plankton), welche Nahrung für Fische und Zooplankton wie kleine Krebse und Wasserflöhe sind.

In polymiktischen Seen tritt Sauerstoffmangel im tieferen Wasser im Winter infolge langer Eisbedeckung und im Sommer durch längere Heißperioden auf. Sauerstoff entsteht im Wasser in den lichtdurchfluteten oberen Wasserschichten während der Photosynthese von pflanzlichem Plankton. Ebenso gelangt über die Umgebungsluft Sauerstoff durch die Wasseroberfläche in das Gewässer. Somit ist das Oberflächenwasser reich an Sauerstoff, während das Tiefenwasser sauerstofffrei, dafür aber nährstoffreich werden kann.

Im Müggelsee werden das Wasser und die enthaltenen Nährstoffe und der Sauerstoff regelmäßig durchmischt und können so von Pflanzen und Tieren genutzt werden.

Was bedeutet das alles für den Müggelsee, auch in Bezug auf die zu erwartende Klimaerwärmung?

Die letzten vier Jahre waren die wärmsten seit der Wetteraufzeichnung im späten 19. Jahrhundert. Das bedeutete zukünftig, wenn das Wetter so bliebe oder gar extremer würde, dass vom zeitigen Frühjahr bis in den Herbst und den darauffolgenden milden Wintern keine bzw. nur eine unregelmäßige Wasserzirkulation im Müggelsee stattfinden würde. Das Wasser könnte auf längere Sicht stagnieren, die Schicht des sauerstoffarmen Tiefenwassers würde immer größer und die sauerstoffreiche Oberfläche des Sees würde flacher werden. Der Sauerstoff im See würde durch eine fortschreitende Klimaerwärmung auf ein kritisches Niveau sinken. Die Lebewesen im See wie Fische und das Zooplankton bekämen dann längerfristig nicht mehr genug Sauerstoff und würden sterben. Cyanobakterien (auch Blaualgen genannt) würden mit ihrem Stoffwechsel das Wasser vergiften. Die Wasserqualität würde sinken. Baden wäre gar nicht mehr möglich – der See würde „umkippen".

Welche Einfluss hat die Müggelspree in dem Zusammenhang?

Die Müggelspree mündet in den großen Müggelsee und verbindet den kleinen und den großen Müggelsee miteinander. Die Müggelspree hat einen Zufluss in den See von etwa 7 m³ Wasser pro Sekunde. Das ist ein sehr starker Zufluss und entspricht etwa 46 vollen Badewannen pro Sekunde.
Durch diesen starken Zufluss werden laut Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) erhebliche Nährstofffrachten in den See transportiert. Das sind pro Jahr 20 t Phosphor, 500 t Stickstoff und Sulfate.
(Quelle IGB)

„Seit 2013 liegt die Sulfatbelastung im Müggelsee regelmäßig über den Trinkwassergrenzwerten, was langfristig problematisch für die Trinkwasserversorgung der Hauptstadt sein könnte. Die Sulfate stammen zum großen Teil aus den ehemaligen Tagebauen des Lausitzer Braunkohlereviers.“
(Quelle IGB)

Die Nährstoffeinträge (Eutrophierung) haben sich seit den 1980er Jahren durch verringerten Durchfluss und Änderungen im Einzugsgebiet (Kläranlagenbau, Verwendung phosphatfreier Waschmittel, reduzierter Eintrag aus Industrie und Landwirtschaft) etwa halbiert. Trotz allem: Die Nährstoffeinträge sind immer noch zu hoch.

Fazit:
Aufgrund der Nährstoffzufuhr gibt es vom Frühjahr bis zum Herbst ein starkes Algenwachstum mit unterschiedlicher Intensität und Artenvielfalt. Heute ist eine langsame Wiedereroberung der Flachwasserzonen durch Wasserpflanzen zu beobachten, was eine Verbesserung der Wasserqualität zur Folge hat.

Demnächst: Was der Müggelsee an Artenvielfalt aus Sicht der Forschung zu bieten hat, darüber haben wir mit dem IGB gesprochen...

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