Wir trafen: Antje Burr, Jahrgang 1976, aufgewachsen im Köpenicker Märchenviertel. Die Familie war damals schon viel unterwegs zwischen Ostsee und Berlin und wo es eben ging. Der Großvater war ebenfalls Maler. Sie verkaufte ihr erstes Bild im Alter von 16 Jahren. Hier in Friedrichshagen hat sie den Rhythmus des Lebens gefunden, den Kunst braucht, um aus dem Geist hervor treten zu können und sich in einem Werk zu manifestieren. Antje Burr stellt deutschlandweit und international aus. Wir hatten die Gelegenheit, sie für ein Gespräch in ihrem Atelier zu besuchen.
Guten Tag Frau Burr, wie entdeckten Sie Ihre Liebe zur Kunst?
Hallo! Ich zeichnete viel, schon als Kind, war damals viel am Meer in Zingst. Manches war noch nicht so zugebaut wie heute. Da bin ich dann stundenlang durch die Gegend gelaufen, habe Blumen gepflückt und die "Welt" betrachtet. Ich beobachtete schon damals generell viel und gern und konnte das Gesehene aus dem Gedächtnis wiedergeben, ohne dass ich es vor mir zu haben brauchte.
Ich habe auch das Gefühl, damals in der Schule wurde man mehr gefördert, wenn man wollte, der Eine war kräftig und ging zum Sport, die Andere zum Kunstkurs. Ich begann dann mit Druckgrafik, bin immer ins Freizeit- und Erholungszentrum (FEZ) gefahren. Unsere Exponate aus den Kunstkursen hingen regelmäßig im FEZ in den Gängen. Da habe ich auch gelernt, zu präsentieren, damit bin ich quasi groß geworden. Ich hatte aber nicht wirklich jemanden, der mich gecoacht hätte oder gemanaged. Eine Ausnahme war Hans Jürgen Mannweiler, dabei ging es aber ausschließlich um die genannte Druckgrafik.
Eigentlich bin ich immer irgendwo hin gegangen und habe gefragt: 'Kann ich bei Ihnen ausstellen?' Es ergab sich, dass ich bei zwei Ausstellungen dabei sein durfte in der früheren Galerie "Motiv" in der Puchanstraße in Köpenick und danach in Zingst. Die ersten zwei Ausstellungen mit 18 also. Und irgendwann wird man dann auch mal wieder angefragt.
Gibt es Schlüsselerlebnisse, die Ihren Weg prägten für Ihr künstlerisches Selbstverständnis?
Da gibt es tatsächlich etwas. Meine Mutter war Physikerin und wir diskutierten damals heftig über ein Thema, das, sozusagen, unserer beider Fachgebiete berührte. Ich hatte Wolken mit durchbrechenden Sonnenstrahlen gemalt und diese erschienen auf dem Bild schräg. Sie meinte, das könne nicht sein, das Licht fiele gerade und nicht schräg. Das Eine war die künstlerisch freie Beobachtung, das Andere war die Wissenschaft. Ich beharrte auf meiner Wahrnehmung und das "Schräge" zieht sich bis heute durch meine Arbeiten. Oft, wenn ich heute Wolken mit Sonnenstrahlen sehe, denke ich daran zurück. Und heute kommt dies als Stilmittel auch immer mal wieder zur Anwendung, egal ob es jetzt Gegenstände oder Gassen mit schiefen Laternen sind.
Woran arbeiten Sie aktuell?
Ich mache vor allem das, was ich möchte. Ein spezielles Projekt oder Objekt kann und möchte ich nicht hervorheben. Ich kann nichts in ein Werk umsetzen, was mich nicht berührt, nur um einem Trend zu folgen oder weil es gerade gefragt erscheint.
In diesem Jahr ist auch wieder die Teilnahme an einer Ausstellung geplant. Dort soll dann eine Reihe meiner Landschaftsmotive gezeigt werden.
Mir fallen unterschiedliche Arten von Werken bei Ihnen auf. Sie haben im Laufe der Zeit für sich auch neue Techniken entwickelt oder täuscht da der Blick des Laien?
Doch das stimmt schon. Ich male, oder besser gesagt, zeichne ja immer noch realistische Bilder. Sowohl persönlich als auch künstlerisch hängt es auch von der Tagesverfassung ab, welche Schraffur ich benutze und welche Stimmung herausgearbeitet werden soll. Manchmal ruht man in sich und dann wird es eine feine Optik und anderentags wieder nicht. Beides hat seinen Wert und seine Berechtigung. Beides ist gut. Beides hat eine Aussage. Über die Jahre ist es dann bei mir so gekommen, dass ich auch anderes ausprobieren wollte. Weg von der reinen Druckgrafik hin zur Farbe. Später dann teilweise ins Abstrakte. Dann fing ich mit dem Acrylmalen an. Dann wurde es auch mal ein bißchen gegenständlicher und farbiger.
In anderen kreativen Berufsfeldern wird im Frühstadium sehr viel mit Skizzen und Entwürfen gearbeitet. Wie ist das bei Ihnen?
Schon Herr Mannweiler sagte immer zu mir, ich solle mehr skizzieren. Damals, und das ist bis heute unverändert, war das für mich eher keine Option. Ich habe kein Skizzenbuch. Ich arbeite aus dem Gedächtnis. Ob es ein reales Erlebnis, ein Bild oder ein Traum ist, ich bringe das dann so auf die Leinwand, wie es in meinem Kopf vorhanden ist.
Ich war ein Kind. Wir waren zu Besuch bei einem zu damaliger Zeit renommierten Künstler, dessen Bilder sich stets sofort verkauften und der in unserer Siedlung in der Nachbarschaft wohnte. Er erteilte mir meinen ersten "Auftrag", indem er zu mir sagte: 'Mal doch mal was!' Und ich saß da in diesem Atelier und ich malte dann aus meiner Erinnerung ein Kind auf einer Schaukel. Dann kam er wieder, schaute sich das Bild an und meinte: 'Ja...ja...ja.'.
Sie zeichnen einerseits Szenarien, deren Verortung und Interpretation dem Betrachter überlassen bleiben, andererseits aber auch reale Orte wie den Strausberger Platz oder die Weltzeituhr am Alexanderplatz...
...ja ich komme nun mal aus der DDR und finde diese architektonischen Baudenkmäler jener Epoche bemerkenswert und auf ihre Art irgendwie "cool". Ich mag aber auch kleine schiefe Gassen oder unspektakuläre Orte. Es kam schon vor, dass jemand dann glaubte, einen ihm bekannten Ort wieder zu erkennen, ohne dass ich diesen konkret gemalt hätte. Inspirieren lasse ich mich sehr gern von kleinen Städtchen, es muss auch nicht immer Fachwerk sein. Aber wenn, dann fällt mir gleich die Altstadt von Quedlinburg ein. Da war ich zweimal und war begeistert. Motive, wohin man blickt. Das inspiriert auch immer, etwas zu zeichnen. In Quedlinburg ist auch irgendwie alles krumm und schief.
Vielen Dank für das Gespräch Frau Burr!
Gerne! Ich bedanke mich auch.
Hinweis: Antje Burr betreibt kein öffentliches Atelier. Falls Sie Kontakt zur Künstlerin aufnehmen möchten, haben Sie bitte Verständnis hierfür und vereinbaren Sie einen Termin vorab per E-Mail.
Zur Homepage der Künstlerin klicken Sie bitte auf diesen LINK.
Das Gespräch führten Renate Patzwaldt und Stefan Mensah
Bilder: Renate Patzwaldt
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