02.12.2018


Das Standortmarketing (ver)endete


Versuch eines objektiven Fazits

Bild: Renate Patzwaldt

Bild: Renate Patzwaldt

..Im Jahr 2016 hieß es: "Die insgesamt etwas mehr als 150.000 Euro Projektsumme sollen neben einer stärkeren Vernetzung der vielen Klein-und Mittelständischen Unternehmen, der Geschäftsinhaber, der Restaurants und Cafés und der Kreativszene und in enger Kooperation zwischen Bezirksamt, Vorhabenträgern und den Betroffenen, zu kreativen Werbemaßnahmen, Aktionen und Veranstaltungen führen und durch gezielte Maßnahmen für den Standort – auch überregional – zu einer nachhaltigen Stärkung führen. Die Baumaßnahme soll damit für Anliegerinnen und Anlieger, Gewerbetreibende und Kundinnen und Kunden zu einem gemeinsamen Erlebnis mit positiven Assoziationen werden."

Der Projektzeitraum umfasste den 1. Juli 2016 bis 30. November 2018.

Im Sommer 2017 durfte man noch davon ausgehen, dass aus den offensichtlich nicht optimalen Ergebnissen des ersten Drittels der Standortmarketing-Laufzeit entsprechende Schlüsse und Strategien zur Optimierung angedacht waren und umgesetzt werden sollten. Als im Oktober 2017 klar wurde, dass mit "Bölsche frei" leider zu früh gejubelt wurde, stellte man marketingtechnisch ab November 2017 den Betrieb gänzlich ein. Auf der Webseite wurde nun nur noch der Stillstand verwaltet. Kein einziges der Bilder wurde angepasst. Die einzige (wahrnehmbare) Änderung war, dass die Hintergrundfarbe teilweise von Rot auf Grün gesetzt wurde. Einige wenige Termine von ausgesuchten Standorten wurden aktualisiert gelistet. Dies wiederum widersprach im Grunde der immer wieder zu vernehmenden Aussage, dass es keine individuellen Marketingmaßnahmen für einzelne Geschäfte geben, sondern das Marketing den "Standort" unterstützen solle.

In Friedrichshagen war damit der Tiefpunkt der Ablehnung und Resignation bei vielen Betroffenen erreicht. Hier spätestens hätte das "Marketing" offensiv Fahrt aufnehmen müssen!

Nach einem Jahr fast kompletter Funkstille und des Aussitzenwollens der Situation seitens der Hauptverantwortlichen, einen anderen Schluss ließ der Gesamteindruck der Intransparenz nicht zu, stellten wir der Abteilung Wirtschaftsförderung Treptow-Köpenick am 22. Oktober 2018 eine Presseanfrage, bekamen aber leider bis heute keine Antwort.

Nun werden wir hier versuchen, die fiktiven Antworten selbst zu geben:

FhSchirm: Was ist aus den zweieinhalb Jahren besonders in Erinnerung geblieben?

Bölsche-Bummel für Genießer mit, wie hieß er noch gleich? Kommunikative Dürre über lange Zeiträume. Kein Ernstnehmen der "Causa Friedrichshagen". Aber uns gefiel das Konzept so gut...

FhSchirm: Wie sieht das Fazit Ihrerseits aus?

Manches an Kritik scheint berechtigt, wenn man es aus Friedrichshagener Sicht betrachtet. Wir haben dazu doch eine Abschlussveranstaltung vor kurzem gemacht. Es gibt auch einen Prospekt, der in diesem Jahr entwickelt wurde.

FhSchirm: Woran könnte es liegen, dass man auf Nachfrage bei Geschäftsleuten zu dem Thema oft nur resigniertes Abwinken als Antwort erhält?

Das Standortmarketing war, das haben vielleicht manche Gewerbetreibende missinterpretiert, nicht als Unterstützung gegen baustellenbedingte individuelle Einbußen gedacht. Dafür gibt es andere Möglichkeiten, die bei den Stammtischen der Werbegemeinschaft Friedrichshagen auch benannt wurden. Leider kamen zu diesen Veranstaltungen meist nur wenige Interessierte. Woran dies wiederum liegt, können wir nicht beantworten.

FhSchirm: Manche Akteure vermissten konkret auf Friedrichshagen zugeschnittene Maßnahmen oder auch eine individuellere Webseite. Was sagen Sie denen?

Wir waren von Anfang begeistert von der Richtung, die die Firma Merlin bezüglich des Standortmarketings vorgab. Auch die Symbolik mit der Ente und der Schippe wurden sowohl bei uns als auch von der Werbegemeinschaft unterstützt. Ob das eine Mehrheitsmeinung in Friedrichshagen abbildete, das können wir nicht schlüssig darlegen, da sich an Umfragen meist nur ca. 10-20% der ansässigen Gewerbetreibenden beteiligte.

FhSchirm: Was würden Sie im Nachhinein betrachtet heute anders machen?

Alles? Naja konkreter gesagt: Auf der eigens eingerichteten Webseite www.schippe-drauf.de wurden Bilder verwendet, die nicht nur keinerlei konkreten Bezug zu Friedrichshagen hatten, weder thematisch noch jahreszeitlich angepasst wurden und man auch für viele andere Kampagnen hätte nutzen können. Nur anhand der Bilder wäre niemand auf den "Standort Friedrichshagen" gekommen. Keinerlei Wiedererkennungswert. So ein bißchen Wasser im Hintergrund wäre schon schön gewesen.

FhSchirm: Danke.

Unter anderem wurden auch "Maßnahmen" aufgeführt. Wir diagnostizieren mal kurz, was davon echte neue Maßnahmen waren:
- Bölschefest 2017 - gab es vorher
- Kirchentag - den hätte es auch ohne gegeben
- Tage der offenen Ateliers - gab es vorher
- Müggel Mortale - gab es schon
- Internationales Müggelseeschwimmen - gab es schon
- Tage des offenen Denkmals - gab es schon
- Friedrichshagener Weihnachtsmarkt/Kunstadvent - gab es schon
+ Bölsche-Bummel für Genießer - Ja, im Zuge des Standortmarketings initiiert.
+ Bölsche frei am 4. November 2017 - Vom Standortmarketing initiiert - die im Kontext stattfindenden     "langen Samstage" sind zwar zu nennen, jedoch eher weniger als Innovation zu bezeichnen.

Auf besagter Seite gab es seit November 2017 kein "Bölsche erleben", wo sich doch auch und gerade nach der Beruhigung der Situation im Jahr 2018 Marketingmaßnahmen geradezu aufgedrängt hätten, um den Besuchern das "wahre" Erlebnis Friedrichshagen nahebringen zu können. Für dieses Erlebnis Friedrichshagen hat jedes der individuellen Geschäfte, jedes der individuellen Kunstateliers und jeder der Akteure und Bürger mehr getan als die, die dafür Geld bekamen.

Es stellt sich die Frage, warum niemand im Projektzeitraum 2018 das Thema dergestalt bearbeiten konnte oder wollte, dass am Ende wenigstens eine Art versöhnlicher Abschluss gestanden hätte und wer die Verantwortung für das auch im bezirkseigenen Prospekt recht kritisch gesehene Gesamtprodukt und sein Scheitern übernehmen mag. Den Kopf in den Sand stecken, um dort nach einem Ausweg zu suchen, wird nicht reichen. Hoffentlich zieht der Bezirk für das nahende Großprojekt Güterbahnhof Treptow-Köpenick die richtigen Schlüsse und stellt ein paar Stühle mehr an den Tisch.

Schönen 1. Advent und nun eine besinnliche Zeit wünscht Ihnen die Redaktion.

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