Die "Dauerbaustelle Friedrichshagen" ist zur Genüge und wird auch noch ein Weilchen gebührend behandelt werden...jedoch...
...im Sommer 2016 wurde offiziell, dass es ein "Standortmarketing für KMU* in der Bölschestraße und Berlin-Friedrichshagen in Form eines partizipativen Baustellenmarketings" geben solle (*KMU=Kleine und mittlere Unternehmen).
Am 19. Juli 2016 hieß es dazu auf berlin.de wörtlich unter anderem: "Die Bölschestraße, der einzigartige Einkaufsboulevard und der gesamte Ortsteil Friedrichshagen werden von 2016 – 2018 von erheblichen Baumaßnahmen massiv betroffen sein. Die unterschiedlichen Leitungsträger inkl. Deutsche Bahn, Berliner Wasserbetriebe, Berliner Verkehrsbetriebe und das Bezirksamt Treptow-Köpenick werden umfangreiche Erneuerungen und Umbauten durchführen, die eine Beeinträchtigung für die vielen kleinen, inhaberbetriebenen Unternehmungen, die Gewerbetreibenden nach sich ziehen werden.
Somit ist eine Baumaßnahme nicht nur ein Eingriff in das Stadtbild, Architektur und Leben vor Ort, sondern hat insbesondere bei der Bölschestraße erhebliche Auswirkungen auf die unternehmerischen Ergebnisse und negativen Folgen auf die lokale Wirtschaft, die KMUs, den Einzelhandel, die Besucherströme und die Anwohnerschaft."
Abzulesen an der Wortwahl wie "massiv betroffen" und "erhebliche Auswirkungen", schien der Ernst der Lage erkannt. Im Herbst 2016 wurde ein Büro in Friedrichshagen zur Mitnutzung bezogen, es gab eine Firma, es gab Ansprechpartner.
Am 5. August 2016 schrieb der Schirm dazu unter anderem: "Es darf ja für Friedrichshagen auch darum gehen, dass Qualität überlebt und insbesondere die Bölschestraße, aber auch die vielen Kleinode in den angrenzenden Gassen unseres Ortes nicht...(...)...verdrängt werden...(...)."
Am 5. Juli 2017 fand nun auf nachdrückliches Drängen einiger verärgerter Geschäftsleute und der Werbegemeinschaft Friedrichshagen (WgF) ein Treffen zwischen den zuständigen Mitarbeitern beim Bezirksamt, den jetzt zuständigen Mitarbeitern der Marketingfirma Merlin (im letzten Jahr waren das noch andere), Vertretern der WgF und der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sowie interessierten Gewerbetreibenden im alten Rathaus Friedrichshagen statt. Dass der Termin sehr kurzfristig anberaumt und dann noch kurzfristiger örtlich verlegt wurde, war der Teilnehmerzahl (18) sicher nicht zuträglich.
Viel positiver klingt da natürlich 221. Was es mit dieser Zahl auf sich hat? Das ist die Zahl der Geschäfte in der Bölschestraße, die auf den offiziellen Ankündigungsplakaten für den sogenannten Bölsche-Bummel mit Ross Antony wie folgt beworben wird:
"221 Geschäfte, Lokale und Dienstleister in einer der schönsten Einkaufsboulevards vereint. Ein Besuch in der Bölschestraße am Müggelsee ist immer eine große Nummer. Friedrichshagen legt 'ne Schippe drauf."
Auch wenn die Bölschestraße unzweifelhaft die "Hauptschlagader" Friedrichshagens darstellt, wurde erst jetzt kritisch hinterfragt, dass der Fokus sehr auf der Bölschestraße liegt. Die in den Ortslagen und Seitenstraßen ansässigen Geschäfte leiden mindestens genauso, wenn man dieses Wort in diesem Zusammenhang mal benutzen darf.
Ein trauriges Zwischenergebnis für die Geschäftsleute, welches nach einem Jahr offen auf der Hand liegt, ist, dass der Kundenstrom im Zusammenhang mit den kaum noch zur Verfügung stehenden Parkplätzen rasant abgenommen hat. Dies wurde uns in vielen Gesprächen immer wieder deutlich mitgeteilt. Besonders überraschend ist das natürlich nicht. Ob über Alternativen nachgedacht wurde und eine zeitnahe Bewerbung selbiger, ist nicht erkennbar. Bei der Infoveranstaltung musste man nun vernehmen, dass Bemühungen um Ersatzparkplätze seitens des Bezirksamtes bei Supermarktketten, dem Gelände der Bürgerbräu GmbH und dem ehemaligen ASMW-Gelände erfolglos blieben, so sinngemäß Sven Schmohl, Mitarbeiter der Wirtschaftsförderung beim Bezirksamt Treptow-Köpenick.
Als bisher Geleistetes wurde seitens der beauftragten Marketingfirma benannt:
- das Logo
- die Webseite
- ein Adventskalender 2016
- "Doodle-Umfragen" (an denen 36 von 221 teilnahmen)
- Infoveranstaltungen, ein Stand zum Bölschefest 2017 (mit der BVG) und Umfragen bei Gewerbetreibenden.
Die genannten Teilschritte des Projektes erscheinen bestenfalls dazu geeignet, sie als Basis zu betrachten für das, was dann wirklich nachhaltige Eindrücke hätte hinterlassen müssen. Mehr als das Mindestmaß an Wasserstand wurde nach einem Jahr nicht erreicht. Die Veranstaltung im alten Rathaus Friedrichshagen verdeutlichte darüber hinaus, dass die Reflektionsfähigkeit der Entscheider eher mäßig ausgeprägt scheint.
Die Frage sei erlaubt: Ist das Projektziel unter diesen Umständen überhaupt erreichbar?
Man kann sich als Friedrichshagener des Eindrucks nicht erwehren, dass Friedrichshagen als besonderer Standort überhaupt nicht verstanden wurde. Da man mit dem "Bölsche-Bummel" als Zielgruppe Menschen älteren Semesters mit Lust am Shopping im Auge hatte, tat man das Naheliegende: Man buchte (sicher aus einem Pool an Optionen) Ross Antony. Es sollte aber hier und heute nicht um Herrn Antony gehen, der am allerwenigsten für den Zustand kann, der nun völlig zu Recht kritisch hinterfragt werden muss und es auch bei der Veranstaltung wurde.
Nein. Es wird sie geben, die Schlagerfans mit Geld. Wir lassen uns auch gern, zum Wohle Friedrichshagens, eines Besseren belehren. Bis dahin darf bezweifelt werden, ob diese "Denke" für das Friedrichshagener Standortmarketing ausreicht.
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