Durch Anordnungen und Maßnahmen des Bau- resp. Tiefbauamtes des Bezirks Treptow-Köpenick wurde in Friedrichshagen im Jahre 2003 auf zwei zentralen Straßenzügen das Kopfsteinpflaster zerstört, das bis dahin mit der angrenzenden historischen Architektur ein einheitliches städtebauliches Ensemble gebildet und die Geschichte wie die Entwicklung unseres Ortes anhand historischer Straßenbautechnik noch authentisch vor Augen geführt hatte.
Die Zerstörung historischer Pflasterstraßen, so der Lindenallee einerseits und der Aßmann- und Rahnsdorfer Straße andererseits, folgte unterschiedlichen Zielen resp. Zwecken.
1.) Aufgrund geplanter Baumaßnahmen auf dem Fürstenwalder Damm und im Zuge von dessen Sperrung für den Verkehr wurde die Lindenallee, an sich nur eine kleinere Nebenstraße, im Sommer 2003 zur Umleitungsstrecke für den Hauptdurchgangsverkehr umgewidmet und aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Asphaltdecke auf deren historisches Pflaster aufgebracht. Da die Baumaßnahmen auf dem Fürstenwalder Damm zunächst von der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) durchführt wurden, war es auch die BVG, die die Asphaltierung der Lindenallee vornahm. Die Asphaltierung erfolgte mit Billigung der Bezirksverwaltung, allerdings ohne die Auflage, die vorgenommene Asphaltierung - nach Beendigung der Bauarbeiten und Rückwidmung der Lindenallee zur örtlichen Nebenstraße - wieder zu entfernen. Der Grund, warum die BVG diese Auflage nicht erhielt, war der, daß der Bezirk selber noch weitere Baumaßnahmen plante und die Lindenallee auch für diese eigenen Vorhaben als Umleitungsstrecke für den Hauptdurchgangsverkehr dienen sollte.
Die Asphaltüberdeckung des historischen Pflasters der Lindenallee erfolgte zu rund 80 % innerhalb des unter Erhaltungsschutz und zu ca. 20 % des unter Denkmal- und Ensembleschutz stehenden Bereiches der Straße.
Den Protesten von geschichtsbewußten Friedrichshagenern und Anwohnern der Lindenallee stellte der Baustadtrat das Argument der Verkehrssicherung sowie die Anmerkung entgegen, daß der Straßenbereich resp. der Straßenbelag nicht unter den Schutz der Erhaltungssatzung fallen würden. Ferner gab das Bezirksbauamt die Asphaltierung im nachhinein als Verkehrslärm eindämmende und daher von den Anliegern erwünschte Maßnahme aus, jedoch ohne vorher eine Befragung der Anwohner vorgenommen zu haben.
Die auf die Schnelle erfolgte Überziehung der Lindenallee mit einer Asphaltdecke stellt sich als ein straßenbautechnisch höchst minderwertiges Produkt dar. Vom Einbau einer Zwischenschicht, die den Rückbau der Asphaltierung ermöglicht und das wertvolle historische Pflaster geschützt hätte, wurde abgesehen.
Zustandsdokumente: 1 Historische Ansicht der Lindenallee ca. 1932; 2-4 Ansicht der Lindenallee vor der Asphaltierung; 5-6 Detailaufnahmen des Kopfsteinpflasters der Lindenallee vor der Asphaltierung; 7-8 Ansicht der zur Hälfte asphaltierten Lindenallee; 9 Detailaufnahme Asphaltschicht auf dem Pflaster der Lindenallee
2) In der Aßmann- und Rahnsdorfer Straße, d. h. über die gesamte Ost-West-Achse des historischen Ortskerns von Friedrichshagen hinweg, erfolgte im Sommer 2003 der komplette Abbau des historischen Kopfsteinpflasters. Der Abriß des Pflasters fand zu einem erheblichen Teil innerhalb des Erhaltungsgebietes Friedrichshagen sowie im direkten Umfeld von Einzeldenkmalen statt, so dem Friedhof und der Bölsche-Oberschule. Jenseits des Erhaltungsgebiets, im östlichen Abschnitt der Rahnsdorfer Straße, erfolgte der Abbau der Steine zudem auf Straßenabschnitten, die einen völlig intakten, relativ ebenmäßigen Pflasterverbund aufwiesen.
Der Abbau wurde vorgenommen zugunsten des mit Fördermitteln unterstützten Neubaus einer Asphaltstraße als Radweg. Der Verlauf dieses Radweges, der die Verbindung zwischen Köpenick und Erkner innerhalb des Radwegenetzes abgeben sollte, wurde, ohne vorherige Absprache mit den Bürgern Friedrichshagens, von der Bezirksverwaltung festgelegt. Alternative Streckenverläufe, die ebenso radfahrerfreundlich gewesen wären und die den großflächigen Abriß des historischen Kopfsteinpflasters im Ortskern obsolet gemacht hätten, wurden nicht diskutiert.
Die ausgehobenen Pflastersteine wurden von der Bauverwaltung des Bezirks einerseits verkauft, andererseits bei der mit Mitteln des Städtebaulichen Denkmalschutzes geförderten Sanierung der Altstadt Köpenick wiederverwendet. In den Jahren zuvor war allerdings der Ortskern von Friedrichshagen bereits mit Mitteln aus dem Förderprogramm städtebaulicher Denkmalschutz saniert und restauriert worden und das Land Berlin hatte erst im Frühjahr 2003 für den vorbildlichen Erhalt des historischen Ortskerns von Friedrichshagen eine Auszeichnung der Stiftung Denkmalschutz erhalten – eine Farce angesichts der bald darauf erfolgten Zerstörung der historischen Pflasterstraßen.
Der Bund der Steuerzahler hat diese Aktion der Bezirksverwaltung, Abbruch und Verwertung des Pflasters, als ein Steuermittel verschwendendes Verfahren in sein Schwarzbuch aufgenommen.
Eine sichtbare Ausweisung resp. Beschilderung der Aßmann- und Rahnsdorfer Straße als offizieller Radweg hat die Senats- resp. Bezirksverwaltung bis heute nicht vorgenommen.
Zustandsdokumente: 1-2 östlicher Abschnitt der Rahnsdorfer Straße nach Abbruch der Pflastersteine zwischen Kalksee- und Wupatzseestraße; 3-7 Rahnsdorfer Straße zwischen Wupatzseestraße und Bruno-Wille-Straße vor Abbruch der Pflastersteine; 8-9 Rahnsdorfer Straße im Bereich des Erhaltungsgebiets zwischen Bruno-Wille-Straße und Scharnweber Straße vor Abbruch der Pflastersteine; 10 Aßmannstraße, Kreuzung Peter-Hille-Straße; 11 Aßmannstraße entlang der Einzelbaudenkmäler Friedhof und Bölsche-Oberschule mit bereits zur Hälfte abgebrochenen Pflastersteinen
Während im Sommer 2003 die Pflastersteine auf dem ersten, östlichen Abschnitt der Rahnsdorfer Straße abgebaut wurden, schloß sich der Bürgerverein Friedrichshagen e.V. mit Vertretern der evangelischen St. Christophorus Gemeinde, der Werbegemeinschaft Friedrichshagen e.V. und engagierten Friedrichshagener Bürgern zu einer Protestdemonstration gegen die Zerstörung des Pflasters der Lindenallee sowie der Aßmann- und Rahnsdorfer Straße zusammen. Der Demonstration schlossen sich rund 200 Teilnehmer an.
Zudem wandte sich der Bürgerverein mit einer Eingabe an den Petitionsausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses. Der Abbruch der Pflasterstraßen konnte im Endeffekt leider nicht aufgehalten werden.
sis